Scacchi da qualche parte a Roma

Als ich mit meiner Frau am Donnerstag östlich des Tiber unweit der Engelsbrücke durch Rom flanierte, fielen mir einige Schachspieler vor einem Lokal auf. Nach einer kurzen Beobachtung mehrerer Partien, verbunden mit der Feststellung, dass unsere Kiebitze in Spandau eher der Kategorie Trauergemeinde nach römischen Standard zählen dürften zogen wir es vor, doch erst zu Abend zu essen.

Allerdings ließen mir die rund ein halbes dutzend Schachspieler keine Ruhe, so dass wir nach etwa zwei Stunden an den Ort „des Vergnügens“ zurückkehrten. Mein Interesse blieb nicht unbemerkt und so erhielt ich bald die erste Einladung zu einer Blitzpartie. Mein designierter Gegenspieler wollte eine ganze Menge von mir wissen. Nach Mitteilung meiner Nationalität und meiner Mutterstadt teilte er mir gleich mehrere „interessante“ Dinge mit:

  • er ist Italiener, der in Brüssel zur Welt kam
  • er liebt Deutschland und die Deutschen
  • als das Wort „Berlin“ fiel dachte ich, er fängt gleich an, vor Freude zu singen
  • er teilte mir mit, dass er Großmeister sei, was ich nach Beobachtung der letzten Partie deutlich in Zweifel zog
  • er hatte gefühlt 2,8 Promille im Turm, konnte aber noch vollständige englische Sätze bilden
  • Kurz vor Beginn unserer Partie wurde es dann unappetitlich. Er drückte seine besondere Bewunderung für einen „großen deutschen Staatsmann“ (den aus Österreich) aus, der unser Land in den Abgrund geführt hat. Er nahm offensichtlich wahr, dass ich darauf nicht so ansprang wie erwartet und so wiederholte er seine kruden Thesen einige Male, bis das Spiel endlich losging. Ich muss zugeben, dass meine Motivation dadurch einen nicht gekannten Höhepunkt erreichte.

Bei meiner ersten Partie spielte ich einen Antisizilianer, bei dem ich zwei Qualitäten für einen unaufhaltsamen Mattangriff (*hust*) opferte. Während er sich bei seinen Kameraden schon feiern ließ, machte ich den Sack zu und erreichte ein eher seltenes Springermatt. Seine Laune verfinsterte sich deutlich, zumal ihn seine Kumpel auch noch verhöhnten. Er erbat eine Revanche, die ich ihm natürlich gewährte.

Auch in der zweiten Partie hatte ich die Nase vorn und übertölpelte meinen Gegner im Endspiel. Danach sprach mein Opponent eigentlich gar nicht mehr mit der einen Ausnahme, dass er mich um eine weitere Partie schon förmlich anbettelte. Das ging allerdings im Gelächter der Kiebitze fast unter. Letztlich räumte man das Brett ab und ich bedankte mich artig für die tollen Partien und den starken Gegner. Aus einem komischen Gefühl heraus machte ich mich mit meiner Frau schnell aus dem Staub, bekam mein Dauergrinsen den ganzen Abend aber auch nicht mehr aus dem Gesicht.

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